„My Firstborn Will Surely Be Blind“ von Dead Raven Choir

 dead-raven-choir2.jpg

Mit Black Metal kann man wirklich noch mal etwas sehr Neues, spannende Referenzräume eröffnendes entdecken, das zu begeistern weiß. Und – glaubt es oder nicht – Black Metal kann auch sehr lustig sein, ohne gleich zu Ironie-Terror zu werden …

Dabei ist das so naheliegend und offensichtlich. Gut, man muss sich den ganzen NSBM, also jenen Zweig von BM, der nicht nur misantrophisch, heidnisch, menschenhassend und das Archaische verherrlichend ist, sondern explizit völkisch, menschenverachtend, faschistoid, antisemitsch und/oder satanistisch (hab‘ ich was vergessen?) ist, ausklammern. Dann bleibt zwar nicht viel übrig und oft immer noch ein Beigeschmack wie bei Xasthur, den gibt es bei Dead Raven Choir aber nicht.

Das Projekt von D. Smolken, der Ende der 80er Jahre aus Polen in die USA emigrierte und nun wieder in seine alte Heimat zurückgekehrt ist, bedient einige der BM-Klischees nicht, treibt andere wiederum auf die Spitze und fügt neue Aspekte hinzu. Kein Wunder, sitzt Smolken mit seinem Projekt „Wolfmangler“ ebenso fest in der Drone/Noise-Szene, wo BM-Theatralik auch höchstens als ironisches Spiel eine Chance hat. So hat Smolken kein Corpsepaint, pinselt also sein Gesicht nicht an, was beinahe schade ist. Er hat nicht einmal lange, schwarze Haare. Mit seiner Hurzhaarfrisur und dem Bart sieht er eher wie ein Redneck aus – Überbleibsel aus seiner Zeit in Texas? Und er spielt auch nicht Gitarre, sondern in diesem Zusammenhang eher ungewöhnliche Instrumente: Bass-Geige beziehungsweise Kontrabass. Daher zeigen ihn die üblichen Promofotos im Gehölz auch immer mit Kontrabass unterm Arm. Ein weiteres Novum im BM ist wohl auch die Tatache, dass er auf „My Firstborn Will Be Surely Be Blind“ mit dem Trio Dead Raven Choir Liedgut aus ganz anderen Sphären covert: Alternative-Country von Townes van Zandt, Folk-Rock von Fairport Convention, Acid-Folk von Kazuki Tomokawa (singend zu sehen in Takashi Miikes irrem Film „Izo“) und sogar Cole Porter. Wiederzuerkennen ist das alles natürlich nicht. Die Saiteninstrumente schnarren und schaben Drones, Nebengeräusche wie Rauschen, Poltern und Dröhnen werden zu Hauptakteuren und das obligatorische Grunzgeröchelkreischen am Rande der Menschlichkeit im Hintergrund ist natürlich auch omnipräsent. Denn Smolken ist Fachmann in Sachen schlechter Aufnahmequalität. Das ist im BM ein nicht zu unterschätzendes Qualitätsmerkmal. Im Booklet wird stolz auf das schäbige Trödelmarkt-Equipment aus den 70er hingewiesen. Die geschätzte „Vice“ schreibt dazu wunderschön: „Sie (die Platte, C.M.) könnte nur noch besser werden, wenn sie jemand durch ein Fadentelefon gespielt und am anderen Ende jemand das Ergebnis in schwarze Granitplatten gemeißelt hätte“. Aber viel besser geht eh nicht, denn dieser dronige Streicher-Folk mit Poltergeist-Atmosphäre ist grandios – furchterregend und komisch zugleich. Sein nächstes Album „Lonesome Drinking Metal“ wird übrigens Black Metal-Coverversionen von Country-Songs enthalten. Zum Geleit zeigt das aktuelle Video in schlechtester Qualität komisches Treiben auf der Farm

(Aurora Borealis)

Eine Antwort auf „„My Firstborn Will Surely Be Blind“ von Dead Raven Choir“

Kommentare sind geschlossen.