The White Stripes: Icky Thump

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Wie ich Fan wurde

Nein, ich bin kein Fan der ersten Stunde, sondern erst mit „Elephant“ dazu gestoßen und auch seit dem eher Respekt zollender Gelegenheitshörer als permanent ausrastender Fan. Aber vielleicht ist das beides ganz gut, um einerseits kritische Distanz zu wahren, andererseits aber vor allem die Freiheit zu haben, jetzt Fan zu werden …  

Denn das schlimmste ist doch, Fan der ersten Stunde zu sein und dann griesgrämig nörgeln zu müssen, dass jetzt, wo der Erfolg da ist, die Band nur noch blabla …etc … (grummelndes Lamentieren). Da bekenne ich doch lieber: Die werden immer besser (zumindest seit ich ihre Entwicklung verfolge). „Icky Thump“ ist von einer Coolness geprägt, die man sich eigentlich nur leisten kann, wenn man nichts zu verlieren hat, weil einen entweder eh kaum einer kennt oder weil man längst jenseits aller Kritik schwebt – gewissermaßen in sich ruht. Und das tun sie, womit ich mal langsam zum Punkt kommen sollte, exemplarisch an einigen Stücken:

Der Opener serviert abgeklärt staubtrockene Gitarren-Riffs, die einander ohne virtuose Schlenker, eher mit grober Leerstelle dazwischen, ablösen. Dazu lallendes lalalala von Jack White (der übrigens korrekt US-amerikanische Arroganz aufs Korn nimmt), bevor er sich dann basslastig auf Megs stoisches Schlagzeug-Spiel stürzt. Dann gesellt sich noch eine minimalistisch-fiepsende Orgel dazu, beziehungsweise dagegen – denn zwischendurch attackieren sie sich gegenseitig. Ähnliches wiederholt sich, allerdings um einiges erhabener, bei „Conquest“, wo die Gitarre ein Gefecht mit einer Mariachi-Trompete aufnimmt. Mit „Prickly Thorn, But Sweetly“ taucht gar ein Dudelsack auf und zelebriert feuchtfröhlich Schottischen Partygeist. Auf „St. Andrew (This Battle Is In The Air)“ taucht der Dudelsack nochmals auf, dieses mal im Sägeduell mit Jacks Gitarre, während Meg auch mal singen darf. Gesägt wird ebenfalls auf dem brachialen „Little Cream Soda“, das schwer durch die Prärie stampft.

Das Album kommt ohne Popelemente aus, Singlepotential wie „Seven Nation Army“ findet man hier am ehesten noch bei „A Martyr For My Love For You“ (die erste Single ist allerdings „Icky Thump“, das Video gibts hier). Und natürlich ist das alles nach wie vor von einem klassischen Blues-Minimalismus getragen, auch wenn – wie bereits auf dem letzten Album – spannende Verfeinerungen, auch hinsichtlich der Instrumentierung, ausgetestet werden. Dazwischen gesellen sich schwerer Bluesrock und kleine Balladen, alles standesgemäß grob behauen und wirkungsvoll gebreakt und trotzdem mit größter analog-rauchiger Wucht aufschlagend. Vom Gestus her zwischen den frühen Melvins und der mittleren Blues Explosion. Da kann man schon zum Fan werden.

(Third Man Records / XL, VÖ: 15.6.2007)