„Nach der Hochzeit“ von Susanne Bier

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Jacob Peterson leitet in Indien ein unterfinanziertes Projekt für Straßenkinder. Da will ein dänischer Geschäftsmann mehrere Millionen spenden. Bedingung: Er soll zurück nach Dänemark kommen …

Als Jacob Peterson wenig begeistert in Dänemark ankommt, um die genauen Bedingungen der ominösen, aber sein Projekt in Indien rettenden Spende des Geschäftsmanns Jørgen zu klären, lädt der ihn kurzer Hand übers Wochenende zur Hochzeit seiner Tochter ein. Dort trifft Jacob auf Helene, mit der er vor zwanzig Jahren zusammen war. Sie hatten sich während einer Indienreise voneinander getrennt – Jacob war seitdem nicht mehr in Dänemark. Als er erfährt, dass die zwanzigjährige Braut nicht Jørgens eigene Tochter ist, ahnt er, dass sein Aufeinandertreffen mit Anna vielleicht kein Zufall ist. Die Rolle von Jørgen bleibt unklar.
Susanne Bier geht wieder ans Eingemachte: Auch ihr neuer Film „Nach der Hochzeit“ ist ein over-the-top Melodram, in dem die Verwicklungen der einzelnen Personen miteinander arg strapaziert werden. ‚Schuld’ daran ist mal wieder der Drehbuchautor Anders Thomas Jensen, der bereits für Biers letzte Filme „Open Hearts“ und „Brothers“ verantwortlich zeichnete. Doch diese beballte Ladung an Schicksal und Dramatik muss man nicht unbedingt kritisieren. Denn dem steht Susannes Biers Inszenierung diametral entgegen. Seit sie sich mit „Open Hearts“ auf die Ästhetik von Dogma eingelassen hat, mutet sie dem Publikum in ihren Geschichten einiges an Melodramatik zu. Auf der anderen Seite stellt sie mit ihrer unpompösen Inszenierung eine bedrohliche Nähe zu den Gefühlen ihrer Figuren her und zeigt dabei ein außerordentliches Mitgefühl, das jede narrative Zuspitzung rechtfertigt. Damit macht Bier an einem Punkt weiter, wo Lars von Trier mit „Breaking the Waves“ kurz gelandet war, aber, in Siebenmeilenstiefeln die Möglichkeiten des Kinos auslotend, nicht lange verweilen konnte. Was toll aber schade ist, so dass man von Glück sagen kann, dass Bier diese Position nun besetzt. Denn wie sie es versteht, die Spannung zu halten, obwohl einige der überraschenden Wendungen im Verlauf der Handlung schnell vorhersehbar sind, das ist eine große Kunst, die vor allem auf einen Effekt hin abzielt: die Intensität der Gefühle.
(Bundesstart: 1.3.2007)

Zuerst erschienen in choises 3/07

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