Zwischengeparkt
Valerie ist Model und kommt nach längerer Zeit wieder nach Berlin. Sie steigt in einem Luxushotel ab, eine Auftragsflaute kann sie damit aber nur kosmetisch kaschieren …
Interview mit Birgit Möller:
Du sagst, für die Themenfindung war ein Bericht über so genannte „Schattenfrauen“ in den USA bedeutend. Waren auch die Filme von Amos Kollek, z.B. „Sue“, der ein ähnliches Frauenschicksal behandelt, Inspirationsquelle für „Valerie“?
Ja, auf jeden Fall habe ich filmische Vorbilder. Dazu gehören auch „Sue“, „Wanda“ oder „Woman under Influence“ …
Ich wollte einen Film, in dem eine starke Frauenfigur im Mittelpunkt steht. Eine Figur, die manchmal fremd und unverständlich ist, dadurch umso faszinierender. Ich möchte, dass die Figur den Zuschauer mitnimmt, gleichzeitig aber Raum für eigene Assoziationen lässt. Mit Agata Buzek habe ich, wie ich finde, die ideale Besetzung für diese Figur gefunden. Sie hat diese ganzen Gesichter: liebenswert und wunderschön, zerbrechlich, dann wieder unnahbar und fremd. Ich könnte mir keine Andere für die Rolle vorstellen.
In dem Film spiegelt sich auch die zur Zeit häufig thematisierte neue Angst der Mittelschicht vor dem sozialen Abstieg. Wie bedeutsam ist für dich dieser Aspekt für den Film?
Dieser Aspekt gehört mit zu den Themen, die mich beschäftigen. In Berlin gibt es die höchste Zahl an privaten Insolvenzen in ganz Deutschland. Viele Menschen leben über ihre Verhältnisse, weil sie glauben, etwas darstellen zu müssen. Bei Valerie geht es aber um mehr. Es geht darum, einen eigenen Willen zu entwickeln, einen eigenen Platz im Leben zu finden. Sie ist seit ihrer Jugend im Strom geschwommen, ohne jemals anzuhalten und zu gucken, wo er sie hinführt. Jetzt wird sie durch die äußeren Umstände dazu gezwungen. Ich wollte keinen moralischen Film über das böse Modebusiness machen. Viele ihrer Probleme sind in ihrem Charakter begründet, oder in ihrem unbewussten Wunsch auszubrechen.
Der Film entzieht sich sowohl in der Story als auch der Inszenierung einer starken Dramatisierung, sieht man einmal von dem punktuellen Musikeinsatz ab. Die ‚Rettung’ der Protagonistin scheint immer zum Greifen nahe, geschieht aber nie. Ebenso wenig tritt die Katastrophe ein. Ein merkwürdiges Zwischenreich wird hier geschildert. Der Ein- und Ausgang sind im Film allerdings ausgeblendet.
‚Zwischenreich’ gefällt mir. Tatsächlich spielt der Film ja auch in dieser Zwischenzeit, „zwischen den Jahren“, der Zeit, sich von Altem zu lösen und Neues zu akzeptieren. In gewisser Weise ist der Film in seiner Konstruktion auch ein Märchen. Valeries Drama und ihre Entwicklung sind mit Absicht sehr subtil erzählt. Es gibt eine Oberfläche, schöne Bilder, ein faszinierendes Gesicht und darunter schimmert und brodelt es. Das Ende ist insofern offen, dass wir nicht genau wissen, wohin ihre nächsten Schritte gehen. Es gibt keine einfache Lösung. Trotzdem gehe ich mit einem starken Gefühl aus dem Film. Sie hat Kraft und Würde wieder gefunden und ich vertraue darauf, dass sie einen Weg finden wird.
(Bundesstart: 26.4.2007)
zuerst erschienen in choices 04/07



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