„Death Proof“ von Quentin Tarantino

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PC-Exploitation

Ein paar flüchtige Gedanken zum neuen Film „Death Proof – Todsicher“ von Quentin Tarantino, den ich vor drei Tagen in einer Pressevorführung sehen konnte. Kurz zur Einführung: Tarantino und Rodriquez haben im Stil von trashigen 70er Jahre Doublefeatures zwei kürzere Filme gemacht, die im Doppelpack in die US-Kinos kamen, verbunden durch ebenfalls von Tarantino und Rodriguez inszenierten Trailern zu fiktiven Filmen …

  In den USA fiel das Konzept durch, in Europa starten die Filme nun leider als zwei Einzelfilme, die auf Standardlänge aufgeblasen wurden – die Trailer wird es dann wahrscheinlich nur auf der DVD geben. Ein paar sehr reservierte Meinungen hatte ich vorher schon zum Film vernommen. Doch die Befürchtungen haben sich nicht eingestellt. Die unterschiedliche Bewertung scheint mir aber vor allem an einer unterschiedlichen Rezeptionshaltung zu liegen. Denn dem Film kann man sicherlich verschiedenes vorwerfen: langatmige Dialogszenen, schlechter Rhythmus, eine zusammengeschusterte Story. All das kann sollte man allerdings nicht außerhalb des Konzepts betrachten. Tarantino rekonstruiert das Exploitation-Kino der 70er Jahre inklusive aller Schwächen handwerklicher wie technischer Unzulänglichkeit. Das zeigt sich schon daran, dass er offensichtliche Fehler wie holprige Anschlüsse, abgebrochene Szenen und zerkratztes Filmmaterial nachstellt. Warum sollte er bei Dramaturgie, den Dialogen und dem Rhythmus von dem Konzept abweichen? Es ist vielmehr eine zwiespältige Hommage an ein Genre, dessen Unbekümmertheit und betonte Oberflächlichkeit Tarantino immer schon interessiert hat. Die Übernahme der Fehler ist dieses Mal sein Mittel, gegen Empathie anzuarbeiten. Das hat er eigentlich immer schon gemacht: In Pulp Fiction mittels der hochkomplexen Aufsplitterung der Story, in Kill Bill wird man nach jeder Episode durch den Stil- und Ästhetikwechsel von Anime zu Schwarzweiss-Film zu asiatischem Martial Arts-Film aus dem Film katapultiert. Dieses mal reißt jeder ‚Fehler‘ den Zuschauer aus der Einfühlung und macht aus „Death Proof“ einerseits eine nerdige Hommage, andererseits aber auch ein reflektiertes filmhistorisches Seminar. Letzteres zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass der zwiespältige moralische Background des (S)Exploitation-Kinos reflektiert und umformuliert wird. Sexismus gibt es bei Tarantino nicht. Es gibt zwar sexy Frauenfiguren, doch die erlangen ihren Sexappeal nicht über Freizügigkeit, sondern durch ihre Freiheit. Sie sind nicht Sexobjekte, sondern Sexsubjekte. Ja, „Death Proof“ ist ein Frauenfilm. Der Angriff des Machoismus auf Frauen wird nicht pseudokritisch benutzt, um sich daran doch nur wieder aufzugeilen, sondern dient lediglich dazu, die auf den Angriff folgende konsequente Rache der Frauen zu rechtfertigen. Und das geschieht dann nach endlosem Girltalk (Actionfans werden sich ‚todsicher‘  langweilen) recht unpatetisch flott und mit viel Humor und Style. Mit „Death Proof“ zeigt Tarantino wieder ganz genau, warum er gut ist und warum z.B. Zack Snyder ein amoralischer Arsch ohne Haltung ist (warum Tarantino sich als Produzent an so etwas wie Hostel beteiligt, steht auf einem anderen Blatt).

(Bundesstart 26.7.2007)                  

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