Deutschland-Trilogie –
„Ludwig“, „Karl May“ und „Hitler“
von Hans-Jürgen Syberberg (DVD)

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Mit der Veröffentlichung von Hans-Jürgen Syberbergs „Ludwig – Requiem für einen jungfräulichen König“ von 1972 ist dessen Deutschland-Trilogie nun komplett auf DVD erhältlich. Mit der Trilogie hat Syberberg entgegen dem Zeitgeist den Blick auf die deutsche Geschichte und ihre romantischen Schichten gerichtet, und sich damit im post-68er Klima ziemlichen Anfeindungen ausgeliefert …

 In einem Interview von 1999 mit dem Filmmagazin „Revolver“ erklärte Syberberg seine damalige Position: 

„Der Begriff der Irrationalität … ist für mich heute nicht mehr aktuell … Aber damals, nach ’68, war das ein wirkliches Thema, Brennstoff, wenn man das Wort nur in den Mund nahm. Ich bin damals einfach von der Frage ausgegangen, was der Gegenbegriff zur herrschenden Realität sein könnte, der Gegenbegriff zur Aufklärung, die damals so groß in Mode war. Und so kam ich zur Irrationalität. Wenn man sich geistig entwickeln will, muss man ja immer andersherum denken – das, was auf dem Markt gerade gehandelt wird, umkehren. Und ich merkte bald, wie fruchtbar das war, wenn man bestimmten Phänomenen speziell in der deutschen Geschichte begegnen will …“   

Im ersten Teil widmete sich Syberberg zeitgleich mit Visconti dem Bayrischen ‚Märchenkönig’, allerdings weniger realistisch in stilisierten, theatralischen Tableaus arrangiert. Harry Baer mimt den naiv-romantischen Herrscher vor bühnenhafter Kulisse.
Nach Ludwig II. nahm er sich 1974 Karl May vor. Stilistisch ist er hier noch dem Neuen Deutschen Film verbunden, vielleicht sogar wieder mehr als bei „Ludwig“. Sachlich kühl und theatralisch inszeniert, lässt Syberberg seine Darsteller unter anderem historische Dokumente rezitieren, um ein genaues Bild von Mays letzten Jahre zu erhalten. Nach Mays großen Erfolgen folgte eine Reihe von Prozessen und Diffamierungen. Syberberg interessiert sich natürlich vor allem für den tragischen Einzelkämpfer, den romantischen ‚Spinner’, der in seiner symbolistischen Phase die so genannte „Menschheitsfrage“, die Suche nach dem Guten, auf seine Fahne geschrieben hatte, und setzt ihm mit dem dreistündigen Film ein Denkmal.
In „Hitler. Ein Film aus Deutschland“ von 1977 treibt Syberberg in über sieben Stunden ein Prinzip der assoziativen, kaleidoskopartigen Geschichtsschreibung, die dementsprechend nicht analytisch, sondern sprunghaft und subjektiv ist – also einem aufklärerischen politischen Diskurs der 70er Jahre diametral entgegensteht, auf die Spitze. Der Film verbindet Monologe in Bühnendekors mit historischem Bild- und Tonmaterial. Dadurch hat er sich angreifbar gemacht. Angegriffen worden zu sein ist auch tatsächlich Syberbergs Schicksal, weniger in den USA, wo er von Coppola bis Susan Sontag gefeiert wurde, als in Deutschland. Denn die Abgrenzung von seinem Forschungsgegenstand ist bei dieser Subjektivität nicht immer erkennbar. Aber wie er selbst in dem zitierten Interview im „Revolver“ sagte: „Man muss so tief in die Wunde gehen, dass man in Verdacht gerät“
(Filmgalerie 451)

Dringend empfohlen: Revolver – Zeitschrift für Film 
bzw. deren vorzügliche Buchveröffentlichung
Revolver – Kino muss gefährlich sein“ (Verlag der Autoren).

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„Ludwig“, „Karl May“ und „Hitler“
von Hans-Jürgen Syberberg (DVD)“

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