Michael Moore und Ulrich Seidl hinterlassen zwiespältige Gefühle

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Heute gabs ein brisantes Doppel zweier Filme, die beide im Oktober in den hiesigen Kinos starten: Erst die Pressevorführung des neuen Films von Ulrich Seidl – „Import/Export“. Dann den neuen Film von Michael Moore  -„Sicko“…  

 Auf Seidl war ich sehr gespannt, weil mich sein brutaler Doku-Spielfilmmix schon sehr fasziniert. In „Models“ kaum erträglich und peinlich bis zum unter die Decke kriechen, in „Hundstage“ sowieso und in „Jesus, Du weißt“ hat man schon fast Mitleid mit den Menschen/Protagonisten/Figuren – was auch immer da in die Kamera spricht. Viel der Faszination steckt auch in „Import/Export“, auch wenn er dieses Mal eindeutig einen Spielfilm gemacht hat. Die realistische Härte zum Beispiel gibt uns Seidl bis zum Abwinken. Und doch ist das bei seinen Filmen immer schon vorhandene ungute Gefühl hier noch unguter, und mich läßt die Vemutung nicht los, dass das in meinem Urteil dieses Mal wohl auf Seidl zurückfällt. Denn irgendwie bleibt er immer zu lange dran am Elend und der Scheisse, hält zu lange drauf. Wer kritisiert hier noch was und wer beutet wen aus? Seidl steckt auf jeden Fall mitten drin.

Michael Moore lässt ja gerne mal fünfe gerade sein, wenn damit seine sehr amerikanische Anti-Amerika-Polemik nur gut funktioniert.  Das weiss man aus „Bowling for Columbine“, und auch aus „Fahrenheit 9/11“. In „Sicko“ widmet er sich dem desolaten us-amerikanischen Gesundheitssystem. Das ist gut und wirklich wichtig, und Recht hat er sicherlich in vielen Punkten, die er anspricht. Und lustig ist seine Polemik meist auch. Unangenehm ist dann – siehe Seidl – wie er immer wieder das Leid seiner „Zeugen“ zur Schau stellt. Und – das muss man mal bei aller Liebe zur Vereinfachung sagen – manchmal wird es einfach zu einfach. Großbritannien, Frankreich und Kanada werden geradezu paradiesisch dargestellt (schon mal was von Banlieus gehört, Herr Moore?), in Kuba werden 9/11-„Helden“, die in den USA nicht über ihre Versicherung behandelt werden, großherzig versorgt. Schon mal auf die Idee gekommen, dass sich Kuba diese PR nicht entgehen lassen wollte? Auch wenn man anmerken muss, dass dieser Propaganda-Film (das ist es ganz klar) für die Masse der Amerikaner gemacht ist und es schon ok ist, wenn man denen eher schlicht zeigen will, was im eigenen Land schief geht und das auch noch humorvoll geschieht – auf Dauer nervt dieses selbstherrliche Faktenbiegen schon und bietet der Rechten nur unnötig Angriffsfläche. Demnächst erscheint von Debbie Melnyk und Rick Caine der kritische Dokumentarfilm „Manufacturing Dissent“ über Moores Praktiken auf DVD. Ich bin gespannt. Doch derweil klettert „Sicko“ die Charts hoch: Schon jetzt ist der Film uner den fünf erfolgreichsten Dokumentarfilmen aller Zeiten (seine anderen beiden übrigens auch).

Ich bin mir noch nicht ganz sicher – da muss noch etwas nachgedacht werden. Aber ein zwiespältiges Gefühl hinterlassen beide Filme auf jeden Fall…     

(Bundesstart „Imort/Export“: 18.10.2007)

(Bundesstart : „Sicko“: 11.10.2007)