Der italienische Zeichner Gipi hat im letzten Jahr mit seinem Album „Aufzeichnungen für eine Kriegsgeschichte“ allerlei Aufmerksamkeit erregt und nicht zuletzt in Angoulême den Preis für das beste Album erhalten …
„Aufzeichnungen für eine Kriegsgeschichte“ war eine in einem fiktiven Krieg im Italien der Gegenwart angesiedelte Teenagergeschichte mit existentialistischen Zügen. Seine zuvor erschienen Kurzgeschichten „Nachtaufnahmen“ hatten ebenfalls einen düster-existentialistischen Zug.
Gipis neues Album „5 Songs“ ist nun deutlicher in der Wirklichkeit wie wir sie kennen angesiedelt: Vier Jungs in einer italienischen Kleinstadt am Meer spielen in einer Band. Die Musik ist das verbindende Element, daneben sind die Teenager recht unterschiedlich: Der eine versucht, sich gegen seinen übermächtigen Vater zu behaupten, der zweite leidet unter der Schwäche seines Vaters, der dritte hat gar keinen mehr und spielt dafür mit Nazisymbolen und der vierte durchlebt seine erste Liebe. Gemeinsam versuchen sie, etwas Sinnvolles in ihrem Leben auf die Beine zu stellen. In ihrem Fall heißt das vor allem, ihre Musik an ein Publikum zu bringen. Dabei sind allerlei Hürden zu nehmen und sie lernen einige Lektionen. Mädchen Moral, Macht – alles Themen, mit denen die Jungs hier zurande kommen müssen, um an ihnen zu wachsen. Gipi bleibt bei der Umsetzung seiner Geschichte mit seinen Zeichnungen grob, setzt einen schnellen, kantigen Strich, der allerdings durch die weichen, meist erdfarbenen Aquarelltöne abgefedert wird.
Gipis „5 Songs“ ist ein klassischer ‚Bildungsroman’ in klein. Eine kurze, sehr typische Episode im Leben von vier Jungendlichen. Die Geschichte transportiert allerdings nicht die Schwere der Vorgänger, erlangt damit aber auch nicht ganz deren Tiefe. Die Nähe zu dem französischen Zeichner Baru wird allerdings mit dem neuen Album deutlicher als zuvor. Thematisch liegt der Vergleich sowieso auf der Hand, aber sogar der kantige, expressive Zeichenstil und die weich darüber gelegten Aquarellfarben erinnern an die Arbeiten des Franzosen, auch wenn Gipis Konturen zerfranster und die Farben verwaschener sind. Gipi – Baru … auf einmal scheinen sogar die zweisilbigen Kosenamen der beiden Zeichner für ihre künstlerische Verwandtschaft zu bürgen.