Wieder die vielleicht letzte Gelegenheit wahrgenommen, eine lebende Legende des Jazz noch einmal live zu erleben. Nach Peter Brötzmann, dem Berserker des deutschen Free Jazz, konnte ich nun Pharoah Sanders sehen, den kurzzeitigen Wegbegleiter von John Coltrane, der ihn stark beeinflussen sollte ….
Als Quartett waren sie angekündigt, einen Schweizer Oud-Spieler hatten sie aber auch noch im Gepäck, der zwar etwas Weltmusik-Flair einbrachte, aber auch nicht richtig hierher zu passen schien. Zu hören waren neben Sanders am Tenor-Saxophon William Henderson am Klavier, Nat Reeves am Bass und Joe Farnsworth am Schlagzeug. Letzterer war insgesamt am überzeugendsten, in zwei Soli wuchs er förmlich über sich hinaus und spielte absurde Rhythmen, die das Publikum zum Lachen anregten, ohne dass es nach Musikclown aussah. Der Bassist war solide, viel allerdings nicht weiter auf. Der Pianist Henderson war durchaus gut und pflegte das klare, druckvolle Spiel mit Clustern, das man von McCoy Tyner bei Coltrane, beispielsweise „My Favourite Thing“, kennt. Passender geht es nicht, denn Sanders zeigte mit einer Interpretation genau dieses Stücks, dass er bis heute nicht aus dem Schatten Coltranes getreten ist. Nun ja, es ist auch ein wahrlich großer Schatten, dem er vor allem kompositorisch nicht ganz entkam. So ist auch Sanders Eigenkomposition „The Creator has a Masterplan“ von seinem ’69er Album „Karma“, die das Quartett ebenfalls brachte, sicherlich stark von Coltranes Überwerk „A love Supreme“ beeinflusst: Eine schlichte Melodie wird in langen improviationen umspielt und als Akzent oder Klimax kommt ein kurzer, mantraartiger Gesangspart hinzu. Sanders, der einigen bekannten Musikerkollegen seiner Zeit als einer der innovativsten und intensivsten Saxophonisten des Jazz gilt, nimmt sich insgesamt zurück – mit Ende 60 sicherlich verständlich. Einige wenige Ausbrüche des ehemaligen Mitstreiters von Ornette Coleman, Sun Ra, Don Cherry und anderen Meistern des Free Jazz durch Überblastricks, oder auch Gimmicks wie das perkussive Spiel auf den Klappen seines Instruments oder kurze vokale Einwürfe, sorgen für ‚Szenenapplaus‘ und ein hervorragend gelauntes Publikum. Das war aber sowieso nicht nur zahlreich im ausverkauften Haus, sondern ob des Großereignisses in gehobener Stimmung. Sanders und seine Musiker honorierten das mit einem gelungenen Konzert, das wenig Neues, aber viele gerne wiedergehörte Klassiker souverän brachte.