„The Ides of March – Tage des Verrats“
von George Clooney

In Shakespeares „Julius Cäsar“ warnt ein Wahrsager den Herrscher „Hüte Dich vor den Iden des März“. Der Wahrsager behielt Recht – jener Feiertag am 15. März sollte der Tag des Verrats durch Brutus werden. Zweitausend Jahre später ist das Gerangel um die Macht nur scheinbar gesitteter geworden … Auch bei den Kampagnen zur Präsidentschaftswahl in den USA lauert Verrat an jeder Ecke. Auch hier gibt es Warnungen, doch die Komplotte werden inzwischen mit Handy, Internet und anderen Massenmedien geschmiedet. Da muss man schnell reagieren, um nicht unterzugehen.

Stephen Meyers (Ryan Gosling) ist ein Senkrechtstarter. Der Polit-Berater assistiert dem langjährigen Kampagnenleiter Paul Zara (Philip Seymour Hoffman) bei den letzten Vorwahlen des Gouverneurs Mike Morris (George Clooney) in Ohio, die erfahrungsgemäß den Ausgang der Präsidentschaftskandidatur vorwegnehmen. Morris hat gute Chancen, das Rennen um die demokratische Kandidatur zu machen, und Meyers will voller Idealismus dafür sorgen, dass der liberale Kandidat gewinnt. Doch in Ohio werden die Bandagen des Wahlkampfs härter, und auch der smarte Meyers muss hier neu lernen, wer Feind und wer Freund ist. In einem Moment scheint die Reporterin (Marisa Tomei) der New York Times dieselben Ziele zu verfolgen, dann setzt sie ihn plötzlich mit Informationen unter Druck. Und plötzlich scheint Paul Duffy (Paul Giamatti), der Kampagnenleiter der Gegenseite, ihn abwerben zu wollen. Doch kann man ihm trauen? Als Meyers eine Affäre mit der Praktikantin Molly (Evan Rachel Wood) beginnt, geht ihm endgültig die Souveränität und Kontrolle verloren. Von nun an muss er mit den Tricks seiner Gegner spielen, um selber nicht unter die Räder zu kommen.

Tatsächlich toben in den USA gerade nicht die Bewerbungen um die Präsidentschaftskandidatur der Demokraten, sondern die der Republikaner. Herman Cain liegt in den Umfragen vorne, und schon sieht er sich geballten Vorwürfen sexueller Belästigung ausgesetzt. Wie solche Vorwürfe, 14 Jahre nach der vermeintlichen Tat, aber pünktlich zur Vereitelung seiner Kandidatur, in Umlauf kommen können, zeigt ein Film wie „Tage des Verrats“. Dabei ist es vollkommen egal, ob die Vorwürfe stimmen oder nicht – irgendwas bleibt immer hängen. Nach diesem Motto handeln auch die Kampagnenleiter im Film. Was anfänglich noch wie ein raffiniertes Schachspiel wirkt, das von Kalkül und Intelligenz beherrscht wird, ist am Ende nur noch eine Schlammschlacht, aus der man eigentlich keinen Präsidenten hervorgehen sehen will. Dass George Clooney seine vierte Regiearbeit in der zweiten Hälfte ein wenig zu sehr ins Thrillergenre zieht, beeinträchtigt die analytischen Qualitäten des Films zum Thema Macht und Machterhalt nicht im Geringsten. Selbst in dem Tribut an ein größeres Publikum verfolgt Clooney das Thema seines Films konsequent, und man kommt bei den aktuellen Auswüchsen US-amerikanischer Wahlkampfszenarien ins Grübeln, ob der Film tatsächlich überreißt.

(Bundesstart: 22.12.2011)