Bislang hatte ich von der Exil-Iranerin nur einzelne Fotos und Videos gesehen, mir aber noch kein gründlicheres Urteil über ihre Arbeiten gemacht. Am 19. Oktober nutzte ich die Shirin Neshat-Retrospektive, die im Rahmen der KunstFilmBiennale in Köln zu sehen war, um genauer hinzusehen. Leider fingen da bereits die Probleme an …
Zwar hatte man sich darum gekümmert, dass die Künstlerin anwesend ist, nicht aber ihre Filme. Das heißt, die drei Videos („Possessed“, „Pulse“, „Zarin“) und drei 35mm-Filme („Passage“, „The Last Word“, „Tooba“) wurden nur auf DVD gezeigt. Das führte zu Verzerrungen bei Kamerabewegung und bei „Pulse“ war das Bild so dunkel, dass man den Zusammenhang zum im Programm abgedruckten Foto überhaupt nicht herstellen konnte.
Das ist natürlich keine gute Ausgangslage, ich habe mir trotzdem die Mühe gemacht, zu einem adäquaten Urteil zu finden: Die fünf Filme aus den Jahre 2001-2003 sind alle sehr symmetrisch/geometrisch aufgebaut, statisch, minimalistisch, klar strukturiert und um Kontraste arrangiert. Mann/Frau ist das stets präsente Gegensatzpaar, Kultur/Natur ein weiteres. Die Filme verbreiten in ihrer Konsequenz eine kühle, restriktive Wirkung, was in Bezug auf das Thema der iranischen Gesellschaft sicherlich angebracht ist. Doch die Simplizität trifft sicherlich nicht den Kern des Themas. Im jüngsten der gezeigten Filme, „Zarin“ von 2005, kommt ein narratives Element hinzu – ebenso Dialog. Doch hier gibt sich Neshat einem meist platten, surrealen Symbolismus hin. Männer – Kunden der Prostituierten Zarin – werden ohne Gesicht gezeigt, die magersüchitge ‚Sündige‘ schrubt sich im Bad blutig. Dazu Musik, die wie Ambient-Industrial klingt, einmal auch ein wenig spannendes Stück von Philip Glass. „Possessed“ schien mir die noch spannendste Arbeit zu sein.
Zwei Tage später fand ebenfalls im Rahmen der KunstFilmBiennale ein Symposium zum Thema „Kunst -Film- Kunst“ mit u.a. Ulrike Ottinger, Marina Abramovic (sehr sympatisch und mit tollem Film auf dem Festival vertreten) und eben Shirin Neshat statt. Dort zeigte sie als Weltpremiere erste, uneditierte Ausschnitte aus ihrem im nächsten Jahr erscheinendem ersten Spielfilm „Summer 1953“. Da wirkte sie nicht nur sehr wortgewand, intelligent und keinesfalls an Plattitüden interessiert, sondern die Einblicke in den Historienfilm, der den Iran am Scheideweg zwischen Selbstständigkeit, Demokratie und Königreich portraitiert, zeigten, dass ihr das Format des narrativen Langfilms gut tut. Ein wenig in schönen Bildern verlieren wird sie sich dort wohl wieder ebenso wie ihre junge Kollegin Samira Makhmalbaf, aber das kennt man von iranischen Regisseurinnen ja. Als Gegenmittel einmal Marjane Satrapis „Persepolis“-Verfilmung sehen. Der kommt auch schon am 22.11. ins Kino (Rezension demnächst auf diesem Sender).
Photos: Larry Barns © Shirin Neshat 2005, Courtesy Gladstone Gallery, New York