„Kippenberger – Der Film“ von Jörg Kobel

Alleine der Titel könnte schon vom Künstler selbst stammen. Martin Kippenberger hatte durchaus etwas übrig für billigen Humor und tief fliegende Witze – mit dem Filmtitel an eine Ebene anzudocken, die man vielleicht bei „Otto – Der Film“ erwartet, passt durchaus ins Programm des Künstlers. „Krieg böse“ lautet der Titel eines Bildes aus dem Jahre 1983, 1990 kalauert er schmerzhaft: „Was ist der Unterschied zwischen Casanova und Jesus: Der Gesichtsausdruck beim Nageln“. Gerne also auch geschmacklos, oft um die Ecke, beißend sozialkritisch. Das wilde Leben dazu führte er Atemlos. „Dieses Leben kann nicht die Ausrede für das nächste sein“. So gab er in diesem alles, bis er 1997 nichts mehr geben konnte und am Raubbau seines Körpers zugrunde ging.

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Der Film von Jörg Kobel versucht an Hand einiger Kommentare von Freunden und Bewunderern ein Bild von Kippenbergers Leben zu erstellen. Interviews mit seiner Galeristin Gisela Capitain, dem Direktor des Museum Ludwig, Kasper König (an Weiberfastnacht in Köln im Sträflingskostüm interviewt – das hätte auch Kippenberger gefallen), dem Popkulturkritiker Diedrich Diederichsen oder dem Kippenberger-Fan Christoph Schlingensief neben seiner letzten Lebensgefährtin, seinem besten Freund oder seinen beiden Schwestern lassen einen zwar wilden, provokanten und bissigen Menschen erkennen, ebenso aber auch eine sensible und empfindsame Person, die sicherlich besser austeilen konnte, als sie fähig war, Kritik einzustecken.

Die Interview-Beiträge sind nicht immer auf den Punkt gebracht, scheinen oft spontan, ohne große Vorbereitung entstanden zu sein. Das entspricht einerseits vielleicht der hastigen Produktivität Kippenbergers, lässt aber hier und da auch etwas Stringenz vermissen. Die Bedeutung für die Kunstwelt, dieselbe vor allem aus ihrer betulichen Selbstbezogenheit zu zerren, schimmert – vor allem durch Diederichsens ‚Kompaktseminar’ – trotzdem durch.
(Bundesstart: 15.6.2006)

Zuerst erschienen in Filmstart 06/06