„Komm zurück, Mutter“ von Paul Hornschemeier

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 Paul Hornschemeiers erstes ins Deutsche übersetzte Album „Komm zurück, Mutter“ entfaltet ein tückisches Verwirrspiel um die Autorenschaft. Und das geht so …  

An Stelle von Hornschemeiers Geschichte um den 7jährigen Thomas Tennant, der nach dem Krebstod der Mutter nicht nur mit diesem Schicksalsschlag, sondern auch mit dem zunehmend dramatischeren psychischen Verfall seines Vaters zurecht kommen muss, findet man in diesem Album eine angebliche, in Comicform gehaltene Einführung des 7jährigen Protagonisten zu Hornschemeiers Geschichte. Die nimmt aber das komplette Buch ein. Die Einführung endet schließlich mit „Erstes Kapitel – Wir sind alle erlöst“. Es folgt eine Danksagung von Hornschemeier … Ende des Buchs.
Durch die voran gestellte Einführung von Thomas stärkt Hornschemeier das Gefühl, dass eine wahre Geschichte erzählt wird und die das Buch einnehmende ‚Einleitung’ wird zur Autobiografie. In Comics der letzten Jahre ist das Genre der Autobiografie längst keine Ausnahme mehr, es wäre also kaum etwas Besonderes. Nicht mal bei einem solch existentiellen Thema, wenn man an „Mutter hat Krebs“ von Brian Fies oder Francois Peeters’ „Blaue Pillen“ denkt. Doch diese angebliche Autobiografie ist gar keine: Hornschemeier erzählt versteckt hinter seinem kindlichen Protagonisten eine der eindringlichsten, tragischsten und zugleich poetischsten Comicdramen seit langer Zeit. Grafisch ist er eindeutig vom großen Chris Ware beeinflusst. Eine klare Linie, gleichförmige, farbige Flächen und wenig Hintergrunddetails charakterisieren die von einem Minimalismus geprägten Zeichnungen. Die Dialoge fangen ebenso wie die Bilder knapp und präzise die vereiste Gefühlslage der Figuren ein. Doch Realismus ist nur ein Standbein der Geschichte. Die Flucht von Vater und Sohn vor der Wirklichkeit, dem Tod der Mutter, ist unprätentiös als Fantasiewelt in die Story eingewoben (beispielsweise nennen sie das Grab der Mutter ihr ,Versteck’). So gleitet der Leser ebenso unmerklich von einer Wirklichkeit in die andere wie die beiden Hauptfiguren. Auch das kennt man von Chris Wares „Jimmy Corrigan“. Eigenständigkeit beweist Hornschemeier allerdings mit der einfühlsamen Erzählung dieser Geschichte aus der Sicht eines inzwischen erwachsenen Thomas, der durch die Nebel seiner Erinnerung erzählt. Durch ihre Fiktionalität büßt die Geschichte natürlich nichts ihrer Qualität ein – im Gegenteil. Will Eisner und Craig Thompson haben sich bereits bei der Erstveröffentlichung vor Lob überschlagen.
(Carlsen)

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