Die Liars abermals mit einer ganz eigenen archaischen Klangwelt
Dass die Mieten in Berlin niedriger sind als in Köln, ist allgemein bekannt. Dass sie auch niedriger als in New York sind, kann man sich denken. Die Liars sind zwar nicht deshalb von New York nach Berlin übergesiedelt, die Kostenersparnis war aber sicherlich ein willkommener Nebeneffekt. Und da überschüssiges Geld ausgegeben werden will, hat man dem aktuellen, dritten Album eine DVD beigelegt, auf der das komplette Album drei Mal ‚verfilmt’ wurde – das sind über 140 Minuten Bildmaterial. Da hat sich sogar die Plattenfirma zweimal überlegt, ob sie mitspielen will, zumal auch die Musik nicht gerade einen Kassenschlager erwarten lässt. Nun kommt das Album etwas verzögert endlich in die Läden und wird die mit dem zweiten Album verprellten Fans wahrscheinlich wieder an den Rand ihrer Toleranzgrenze treiben.
Ihr Erstling „They Threw Us All In A Trench And Stuck A Monument On Top“ war noch ein Kracher im Zeichen der kantigen Gang of Four, als dieser Bezugspunkt noch nicht so abgedroschen war. Der Nachfolger „They Were Wrong, So We Drowned“ wartete dann mit düsteren Soundscapes auf und erinnerte an die späten Wire. Die Rockfraktion war irritiert. Dass das Trio nicht gewillt ist, die Enttäuschung mit dem neuen Album wieder gut zu machen, zeigt sich schnell: Das Konzeptalbum „Drum’s Not Dead“ spielt mit den Gegensätzen von Anspannung und Entspannung. Dabei spielen einerseits zwei Schlagzeuge, andererseits allerlei atmosphärische Sounds eine Rolle. Archaisch klingen sowohl die ruhigen wie die energetischen Momente der Platte, die Stimmen, die oft tribalistisch (vielleicht indianisch?) klingen, unterstützen diesen Eindruck. Neben Wire mag man daher auch an die experimentelle New Wave-Band This Heat denken. Aber bei all ihren Bezügen (im letzten Stück – einem ‚richtigen’ Song – lassen sie gar an Velvet Underground denken) sind sie nie auf ihre Einflüsse reduzierbar. Anders als viele der Bands, die sich derzeit auf die New Wave beziehen, emanzipieren sich die Liars von ihren Vorbildern komplett und kreieren eine ganz eigene Klangwelt.
(Mute/EMI; VÖ: 17.2.06)